Höhenrekord der Schule geknackt?
FOS Waldkirchen zum sechsten Mal am Rande des Weltalls
Bereits im Jahr 2018 wurde der erste Stratosphärenflug der Fachoberschule Waldkirchen durch die Schüler der 11. Klasse der Ausbildungsrichtung Technik durchgeführt und sollte aufgrund des großen Erfolgs in den folgenden Jahren optimiert werden. Pandemiebedingt musste dieses Projekt pausieren, da die enge Zusammenarbeit der Schüler durch die damaligen Auflagen nicht möglich war. Seit letztem Jahr kann dieses interdisziplinäre Projekt, bei dem die Schüler die Kenntnisse aus den Fächern Physik, Technologie, Technisches Zeichnen und Informatik geballt zur Anwendung bringen, erneut durchgeführt werden.
Zunächst mag ein derartiges Projekt schlicht erscheinen. Ballon mit Helium füllen, Sonde befestigen, loslassen, fertig. Ein Ballonflug zur Stratosphäre ist hingegen eine technisch anspruchsvolle Unternehmung, bei der es viele potenzielle Probleme geben kann. Es gilt besonders Murphy’s Gesetz (kurz: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen!“) zu beachten. Hier sind einige der Herausforderungen, die neben versicherungstechnischen Belangen und der Flugfreigabe durch das Luftamt Südbayern, zur Realisierung eines Ballonflugs zur Stratosphäre zu bewältigen sind:
Sobald sich der Ballon in große Höhen bewegt, kommt es zu enormen Druckveränderungen. Bei den angestrebten Flughöhen von 30 bis 40 km beträgt der Luftdruck nur noch wenige Millibar (im Gegensatz zur Erdoberfläche, mit einem Druck von ca. 1000 Millibar). Dabei expandiert der verwendete Ballon, der in Erdnähe einen Durchmesser von ca. zwei Meter hat, auf einen Durchmesser von ca. sieben Meter kurz vorm Zerplatzen.
Die technische Ausrüstung (Kamera, Flugdatenschreiber, Spannungsversorgung, GPS-Tracker nebst Außenexperiment) muss den widrigen Bedingungen gewachsen sein. Da geringe Temperaturen bis ‑60°C zu erwarten sind, schließt man zunächst auf Unterkühlungsprobleme, allerdings ist in diesen Höhen so wenig Luft vorhanden, dass keine wirksame Kühlung für elektrische Komponenten gegeben ist und daher auch Überhitzungsprobleme auftreten können.
Auch die Kommunikation mit dem Ballon gestaltet sich aufwändig. Ab einer Höhe von ca. einem Kilometer sind die Mobilfunknetze nicht mehr erreichbar. Daher kann die Verbindung mit dem Ballon erst beim Wiedereintritt in die Mobilfunkzone hergestellt werden.
Der diesjährige Flug führte von Waldkirchen über das Dreiländereck 70 km nach Osten nach Kaplice in Tschechien, wo der Ballon in 20 km Höhe eine 180°-Wende ausführte und anschließend 130 km nach Osten flog, um über Plattling zu bersten. Nach einer kurzen Strecke westwärts, trieb der Ballon wieder 30 km nordostwärts, um nördlich von Hengersberg wieder die Erde zu erreichen.
Nach dem Bersten der Ballonhülle gleitet die Messausstattung an einem Fallschirm zu Boden und das Bergungsteam nimmt nach Ortung seine Aufgabe wahr. Dabei hoffen die Beteiligten auf einen erreichbaren Landeplatz, im günstigsten Fall auf einem freien Feld. Das Bergungsteam muss auch auf Landungen in Wäldern (Baumwipfeln), Flüssen, Seen, Kirchtürmen, Autobahnen etc. vorbereitet sein, was uns auf den bisherigen fünf Flügen erspart blieb. Bei zwei der vorangegangenen Flüge erreichte das Team kein brauchbares GPS-Signal, das zum Auffinden der Sonde geführt hätte, aber ehrliche Finder benachrichtigten auf Basis der angebrachten Kontaktdaten die Schule, um die Ausrüstung entgegenzunehmen. Beim diesjährigen Flug sendeten die beiden mitgeführten GPS-Tracker nach fünfstündigem Flug übereinstimmend eine Landeposition. Das Bergungsteam erreichte die Position in einem unwegsamen Hochwald und blieb nach langer Suche, geplagt von einer Mückenarmada, erfolglos. Einen Tag später sendete einer der Tracker eine erneute Position, fünf Kilometer von der vorherigen Position entfernt. Ausgerüstet mit einer Drohne konnte die Ausrüstung in einem Hochwald geortet werden, befand sich aber leider in einer Höhe von ca. 15 m in einer Baumkrone. Um die Bergung minimalinvasiv durchzuführen, waren Kletterkünste des Bergungsteams unverzichtbar.
Ziel des diesjährigen Fluges war es, einen Höhenrekord gegenüber den vorangegangenen Flügen aufzustellen. Mit einer Flughöhe von 35898 m konnte das Ziel leider nicht erreicht werden.
Die Sonde nach der Landung im Wald in 15 m Höhe. Zu erkennen ist die Kamera in einer Halterung aus dem 3D-Drucker, die das Außenexperiment und den Ballon über einen Winkelspiegel überwacht.